Der Wechsel der Jahres- und Tageszeiten beeinflusst nicht nur die Natur, sondern auch unseren Organismus und die Verdauungskraft. Sowie die Jahreszeiten den drei Wirkungsprinzipien Vata, Pitta und Kapha zugeordnet werden, kann man auch den Tagesverlauf nach diesen Prinzipien betrachten.
Die Morgenstunden von 6h – 10h werden vorwiegend von der Kapha-Energie dominiert. (Kapha hat u.a. die Eigenschaften, schwer, träge, langsam, unbeweglich.) Unser Körpersystem muss erst richtig in Fahrt kommen und unsere Verdauungskraft ist noch schwach. Deshalb sollte unser Frühstück eine leichte, nährende und den Stoffwechsel anregende Mahlzeit sein. Ein warmer Frühstücksbrei mit gedünsteten Früchten ist ein typisches Frühstück im Ayurveda. Warme Speisen können von unserem Körper leichter verdaut und verarbeitet werden als kalte Gerichte. Im Gegensatz zu einem kernigen Vollkornbrot ist das Getreide eines warmen Frühstücksbreis durch den Kochprozess für unseren Körper viel leichter verdaubar.
Was wäre ein ayurvedisches Frühstück ohne das berühmte Ingwerwasser?
Dieses Getränk wirkt angenehm aktivierend und fördert den Stoffwechsel. Es kann Erkältungskrankheiten vorbeugen, wärmt unseren Körper von innen und hat eine heilende und entkrampfende Wirkung. Je nach Zubereitungsart schmeck es eher mild oder scharf.
Für die Zubereitung braucht es nur frischen Ingwer und Wasser. Du nimmst ca. 5-8 Scheiben Ingwer und köchelst diesen mit ca. 0,7l Wasser für ungefähr 15-20 min. Das Getränk füllst du am besten in eine Thermoskanne und trinkst es zum Frühstück und über den Vormittag verteilt. Wenn es ganz schnell gehen soll dann kannst du auch einfach ein daumengrosses, geschältes Stück Ingwer in einer Tasse mit brühendem Wasser übergiessen und für 10 Min ziehen lassen.
Im Gegensatz zum Kaffe als typisches Frühstücksgetränk wirkt das Ingwerwasser zwar nicht ganz so aufputschend und belebend, die Wirkung ist aber nachhaltig und angenehm. Probiere es doch einfach mal selbst aus!
Viele Menschen setzen sich aus Routine an den Frühstückstisch und verschlingen ihr Müsli oder Marmeladebrot ohne darauf zu achten ob sie wirklich hungrig sind. Ich empfehle immer um einfach mal am Morgen bewusst in sich zu hören, was sagt mein Körper? Verspüre ich tatsächlich Hunger oder ist es der Zeitdruck, der mich an den Frühstückstisch treibt.
„Dinacaraya“, so heissen die täglichen morgendlichen Routinemassnahmen, die uns Ayurveda für eine bessere Widerstandskraft und starke Immunität empfiehlt. Ehrlich gesagt ist der gesamte Vorgang mit all seinen Schritten doch etwas zeitintensiv, und im Alltag wahrscheinlich nur schwer in seiner Gesamtheit umsetzbar. Aber das regelmässige Praktizieren von einzelnen Schritten, macht bereits einen grossen Unterschied und entscheidet, mit welcher Energie und Verfassung man den Tag beginnt.
Also hier der gesamte Ablauf der Morgenroutine:
Idealerweise sollte man schon vor dem Sonnenaufgang aufstehen. Im Winter ist das in unserem Breitengrad meist einfach machbar, in den Sommermonaten kann das dann schon schwieriger werden. Es geht darum, um den Tag mit der Sonnenenergie bewusst zu begrüssen.
Nach dem Aufstehen trinkt man zwei bis drei Gläser lauwarmes Wasser. Auch wenn die Menge für dich erstmal zu viel ist, dieses Ritual wirkt meiner Ansicht nach kleine Wunder. Für unser Körpersystem ist es eine Art von „innerer Dusche“, und der Verdauungstrakt wird mit warmen Wasser durchgespült. Wasserlösliche Schlackenstoffe die sich über Nacht gebildet haben können so gleich ausgespült werden. Alle „Ayurvedi’s“ trinken sowieso über den ganzen Tag verteilt warmes abgekochtes Wasser. Das Wasser wird zw. 5-20 Minuten lang gekocht und dann kannst du es in eine Thermoskanne abfüllen und schluckweise über den Tag verteilt trinken.
Mit einem Zungenschaber werden Ablagerungen die sich über Nacht gebildet haben von der Zunge entfernt. Betrachte die Oberfläche deiner Zunge regelmässig über einen längeren Zeitraum, und achte darauf ob sie sich je nach Nahrung oder Gesundheitszustand verändert. Ich bin noch stets davon begeistert wie unterschiedlich die Zungen sind und was man alles anhand der Zunge ablesen kann.
Nun folgt die Reinigung des Mundraumes. Bevor man die Zähne putzt nimmt man einen Esslöffel Sesamöl und behält das Öl für ca. 5-10 Minuten im Mund, dann wird es ausgespuckt. Achtung, nimm nicht zuviel Öl denn es bildet sich ganz schnell viel Speichel. Das Sesamöl hat eine reinigende, kräftigende und entzündungshemmende Wirkung.
Ölmassagen spielen im Ayurveda eine sehr grosse und zentrale Rolle. Idealerweise gönnt man sich am Morgen eine kleine Selbstmassage mit Sesamöl oder einem anderen hochwertigen Massageöl. Das Öl lässt man am besten für einige Zeit auf der Haut einwirken. Das geschieht vor dem Duschen. Als kürzere Version kann man auch nach dem Duschen die noch nasse Haut mit etwas Öl einreiben und dies dann trocknen lassen. Während der kalten Wintermonate können wohltuende Ölmassagen ein überhöhtes Vata besänftigen.
Alle waschechten Yogi’s kennen wahrscheinlich die Nasenspülung mit lauwarmen Salzwasser, auch Jala-Neti genannt. Danach träufelt man 2-3 Tropfen Nasya-öl oder Sesamöl in jedes Nasenloch. Vor allem in der trockenen Winterzeit schützt uns diese Nasenreinigung vor einer verstopften Nase oder lästigen Erkältung.
Ein kurzer täglicher Ablauf von leichten Körperübungen, Yoga oder Atemübungen sollen uns ein wachsames Körpergefühl verleihen. Oft genügen schon ein paar Sonnengrüsse oder Dehnungsübungen um Muskeln und Organe zu vitalisieren, aber wenn es die Zeit zulässt wäre natürlich ein gesamte Reihe von Asanas oder Pranayama ideal.
Vor dem gewohnten Duschen oder Baden kann man auch noch Abreibungen mit trockenem Kichererbsenmehl, oder einfach mit einem Handtuch oder speziellen Seidenhandschuh machen.
Über die genaue Reihenfolge der Abhandlungen habe ich in meiner Literatur unterschiedliche Meinungen gefunden. Ich vertraue, dass dir dein gesundes Körpergefühl diesbezüglich ein weiser Ratgeber ist.
Überzeugt? Vielleicht hast du ja kommendes Wochenende Zeit, eine ausgebreitete Morgenroutine zu praktizieren. Danach fühlst du dich garantiert vital, klar und bereit für einen neuen Tag.